Blutschwitzen bei Kälbern

Zum Thema Sicherheit bei Impfstoffen. Ein Rückblick, der bis heute Fragen aufwirft

Unerklärliches Kälber-Massensterben durch Verbluten – einem Rätsel auf der Spur
von Birgit Gnadl, Tierheilpraxis

Blutschwitzen beim Kalb

Im April 2009 gingen in Bayern über 600 Landwirte auf die Straße – nicht um zu demonstrieren, sondern um zu beten.
Sie waren zutiefst besorgt und aufgewühlt, weil eine mysteriöse Krankheit in ihren Ställen um sich griff und ihre Kälber verbluten ließ. Seither hat die Bauernwallfahrt nach Altötting Tradition.

Was war passiert? Erste Fälle dieser unerklärlichen Erkrankung traten im Münsterland auf. Laut dortiger Kreisveterinärbehörde verendeten mehrere Kälber in einem Betrieb in Westerkappeln. Das besonders Verstörende an dieser unbekannten Erkrankung waren nicht zuletzt die Symptome: die Tiere bluteten aus der Haut und aus allen Körperöffnungen, sie verbluteten regelrecht von innen und verstarben innerhalb weniger Stunden.

Die Ursachen waren damals völlig unklar. Es kursierten Vermutungen einer viralen oder bakteriellen Genese. Auch toxische oder genetische Ursachen wurden in Betracht gezogen.

Historie

Im Oktober 2007 traten dann die ersten Krankheitsfälle in Bayern auf, die sich im Winter 2007/2008 häuften, jedoch auf bestimmt Landkreise begrenzt blieb.
Einer unserer Betriebe im Landkreis Traunstein hatte insgesamt 24 Blutschwitzkälber. Die ersten 18 Kälber verstarben, die folgenden 6 homöopathisch behandelten Kälber überlebten. Rasch häuften sich die Anrufe der Betriebe. Sehr viele waren von diesem „mysteriösen Blutschwitzen“ betroffen und sehr viele Kälber verendeten. Wochenlang telefonierten wir täglich mit betroffenen Betrieben und verzweifelten, ratlosen Landwirten.
Schließlich ordneten die Veterinärämter, die LMU München und die Tiergesundheitsdienste (TGD) Sektionen bei verendeten Tieren an.
Hierbei wurde immer eine Zersetzung des Knochenmarkes festgestellt. Sektionsergebnis:
Hämorrhagische Diathese, Knochenmarksschäden (Panmyelophthise), nekrotisierende Lymphadenitis.

Es handelte sich also um ein regelrechtes Knochenmarksversagen.

Kommentar TGD-Zentralinstitut: Erkrankungsursache ist der Verlust der blutbildenden Zellen des Knochenmarks. Die starke Blutungsneigung ist durch den Mangel an Blutplättchen erklärbar. Die Ursache der Knochenmarksveränderung ist nicht bekannt.
Klinisch zeigten sich vermehrte Blutungsneigung nach Injektionen und Ohrenmarkensetzen. Frisches Blut sickerte oft aus verschiedenen Stellen am Körper (Nabel, Darm, Haut). Es kam zu Blutungen aus den Schleimhäuten, Flotzmaul, Nasenöffnungen und Augen. Zudem zeigten sich Ödeme am Hals und im Flotzmaulbereich sowie Schwellung der Zunge und Herzschwäche.

Erhebung von Daten

Nachdem nach einer Aufforderung unserseits an o.g. Institute keine umfangreichere Befragung der Betriebe durchgeführt wurde, begannen wir im Frühjahr 2008 auf eigene Faust und eigene Kosten mit einer Befragung mittels selbst erstellter Fragebögen. Wir betreuten in dieser Zeit etwa 8 Homöopathie-Arbeitskreise für Landwirte mit über 500 Mitgliedern. Der Fragebogen beinhaltete Fragen zur Fütterung, zu Impfungen, zu durchgeführten Behandlungen usw. Die Rücklaufquote war überduchschnittlich hoch, so dass wir im Frühjahr 2009 tatsächlich 700 Fragebögen auswerten konnten. Im Mai 2009 war die Auswertung der Befragung abgeschlossen. Von den 700 Betrieben hatten 18% BVD (1) geimpft, wobei 8 verschiedene Impfstoffe zum Einsatz kamen. Es wurden die Mütter der Kälber geimpft. Nicht alle geimpften Mütter hatten Blutschwitzkälber, mit Ausnahme derjenigen, die den Impfstoff „PregSure“ erhalten hatten.
Dieses Ergebnis wurde von A. Lamminger und B. Gnadl im Juni 2009 als erstes dem TGD Bayern persönlich vorgelegt. Jedoch konnte dieser unsere Bedenken nicht teilen und hielt unsere Sorge bezüglich einer Impfreaktion auf einen bestimmten Impfstoff für nicht nachvollziehbar und im Allgemeinen für „überzogen und weit hergeholt“. Noch im gleichen Monat wurden wir diesbezüglich in der Klinik für Wiederkäuer vorstellig. Dort zeigten sich verschiedene Personen etwas offener für unsere Bedenken und bewerteten die Ergebnisse unserer Erhebungen als nachvollziehbar und „unter Umständen vielleicht auch sogar als wahrscheinlich“.

Es mussten also noch weitere Kälber sterben. Etwa ein Jahr später, im April 2010 wurde lt. Pressemitteilung des FLI (3) der Einzug des Impfstoffes PregSure für die Anwendung in Deutschland bekannt gegeben. In anderen Ländern durfte er noch weiter verwendet werden. Die geschätzten Zahlen für an Hämorrhagischer Diathese verendeter Kälber liegen in Deutschland offiziell bei 1.400 Kälbern,  das sind nur die Sektions-Kälber. Die meisten Landwirte haben nach mehrmaligen Todesfällen die Kälber nicht mehr in die Institute gefahren. Die geschätzte Zahl an Blutschwitzen verendeter Kälber liegt bei ca. 20.000.
Im August 2011, also mehr als 2 Jahre nachdem wir durch eine einfache Befragung den kausalen Zusammenhang für das Blutschwitzen schon eruiert hatten, erschien folgende Pressemitteilung:

31.08.2011 11:46

„Blutschwitzen“ von Kälbern: Impfstoff bringt den Tod

Charlotte Brückner-Ihl Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Justus-Liebig-Universität Gießen

Gießener Tiermediziner erzielen Durchbruch bei der Erforschung des „Blutschwitzens“ von
Saugkälbern – Impfstoff verantwortlich – Publikation in Veterinary Research

Tiermediziner standen vor einem Rätsel, Bauern waren in größter Sorge um ihre Kälber.
Erstmals vor vier Jahren trat in Deutschland und einigen anderen europäischen Staaten eine
tödliche Krankheit bei Saugkälbern auf, die durch unstillbare Blutungen gekennzeichnet ist.
Die Blutungen entstehen als Folge des fast vollständigen Verlusts von Blut- und
Knochenmarkzellen, wovon auch die für die Gerinnung notwendigen Blutplättchen betroffen
sind. In Fachkreisen wird die Krankheit als Bovine Neonatale Panzytopenie (BNP)
bezeichnet. Bei der Erforschung der Ursachen haben Gießener Tiermediziner nun einen
wissenschaftlichen Durchbruch erzielt. Sie machen einen Impfstoff für die unstillbaren
Blutungen verantwortlich, die letztlich die Tiere qualvoll verenden lassen. Gießener
Virologen am Fachbereich 10 – Veterinärmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU)
gelang es, die Mechanismen der Zerstörung der blutbildenden Zellen bei den Kälbern zu
beschreiben.
In Europa sind über 4.000 BNP-Fälle bekannt geworden und haben zu erheblicher Unruhe in
der Rinderhaltung geführt. Es gelang weder Krankheitserreger noch Giftstoffe als Ursachen
der Erkrankung zu identifizieren, allerdings zeigte sich eine besondere Bedeutung des
Kolostrums („Biestmilch“) – der ersten Milch, die ein neugeborenes Kalb trinkt – für das
Auftreten von BNP. Auch trat BNP vermehrt in solchen Rinderherden in Erscheinung, bei
denen ein bekannter Impfstoff gegen die so genannte Bovine Virusdiarrhöe (BVD) verwendet
wurde (PregSure®, Pfizer).
Zur Aufklärung der Ursachen von BNP hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft und
Ernährung (BLE) im vergangenen Jahr einen Forschungsverbund unter Koordination von
Prof. Klaus Doll (Leiter der Klinik für Wiederkäuer der JLU) ins Leben gerufen, an dem sich
Wissenschaftler von vier tierärztlichen Bildungsstätten in Deutschland beteiligen. Kürzlich
konnte von Veterinärmedizinern der JLU gezeigt werden, dass im Kolostrum von Kühen, bei
deren Kälbern BNP aufgetreten ist, Antikörper nachzuweisen sind, die mit weißen Blutzellen
der Kälber reagieren.
Einem Forscherteam um Prof. Till Rümenapf aus dem Institut für Virologie der JLU ist es
jetzt gelungen, MHC-I als Zielantigen zu identifizieren, gegen das die mütterlichen, BNP
auslösenden Antikörper gerichtet sind. MHC-I kommt auf allen Körperzellen vor und spielt
eine zentrale Rolle im Immunsystem. Es hat sich gezeigt, dass bei manchen Muttertieren
Antikörper gegen solche Varianten von MHC-I gebildet werden, die auch im BVD Impfstoff
enthalten sind, vermutlich als Verunreinigung durch die im Produktionsprozess verwendeten
Zellen. Hat das Kalb zufällig das gleiche MHC-I Molekül, binden die mütterlichen Antikörper
daran und führen zur Zerstörung der blutbildenden Zellen. Dies weist auf die potentielle
Gefahr für alle Impfstoffe hin, bei deren Herstellung Zellen derselben Spezies verwendet
werden, für die der Impfstoff vorgesehen ist. Andere Impfstoffe gegen BVD mit anderen
Zusammensetzungen verursachten diese Probleme jedoch nicht, betonen die Gießener
Veterinärmediziner.
Die Forschungsergebnisse von Fabian Deutskens und Kollegen wurden im Veterinary
Research publiziert und sind dort frei zugänglich (open access) (4)

Homöopathie beim Blutschwitzen

Die einzige Möglichkeit der konventionellen Medizin bei dieser Erkrankung besteht darin, betroffene Kälber schnellstmöglich mit Bluttransfusionen zu versorgen. Dass dies angesichts der Breite der bestehenden Krankheitsfälle nicht durchführbar war, ist offensichtlich. Mit einer rasch eingeleiteten homöopathischen Behandlung jedoch, konnten 75% der spontan erkrankten Kälber erfolgreich behandelt werden. Diese Kälber sind mittlerweile wiederrum Mütter von Kälbern geworden und das Blutschwitzen tritt dort leider in der 2. Generation immer noch auf. In der 3. Generation noch vereinzelt, dann scheinbar nicht mehr.

Zur Repertorisation der Hämorrhagischen Diathese verwendeten wir alle bekannten Symptome, aber auch die Sektionsbefunde. Es kamen in Folge überwiegend Schlangenmittel zum Einsatz. „Klassische Impfschaden-Mittel“ wie Thuja oder Silicea wurden experimentell ebenfalls versucht, blieben aber erfolglos.

Unsere herausgearbeitete, bewährte homöopathische Behandlung erfolgte meist nach folgendem Schema:

Bei beginnenden Schleimhautblutungen im Maul wurde Phosphorus C200 im 5-minütigen Wechsel mit Millefollium C30 verabreicht. Wurden die Blutungen frühzeitig entdeckt und sofort behandelt, kam es meist nach 20 Min. zum Blutungsstillstand.
Wenn innerhalb einer Stunde keine Besserung erfolgte, wurde Crotalus horridus C 1.000 (stündlich eine Gabe über 6 bis 8 Stunden) eingesetzt.
Als Folgemittel, wenn die Blutungen länger als 1 Tag zum Stillstand gekommen waren, wurde Arsenicum album C30 als einmalige Gabe zur  Rekonvaleszenz verabreicht.
Naja tripudians C200 wurde bei schwerwiegenderen Fällen, wenn die Blutungen schon länger bestanden, eingesetzt. Naja tripudians war bei apathischem Verhalten, starrendem Blick und kalten Körperteilen mit Zittern indiziert.
Zusätzlich wurden die erkrankten Kälber eingedeckt und mit Elektrolytlösung und Milch im Wechsel getränkt. Haben die Kälber nicht mehr getrunken, waren NaCl- Infusionen angebracht und hilfreich.

Und heute?

Auch heute, mehrere Jahre nach dem Verbot des Impfstoffes treten immer noch Blutschwitz-Fälle auf. Betroffen sind ausschliesslich Kälber von geimpften Kühen. Daher muss in PregSure-BVD geimpften Betrieben weiterhin das Kolostrum geimpfter Kühe verworfen werden um die Kälber zu schützen, denn geimpfte Kühe produzieren lebenslänglich gefährliches Kolostrum.
2010 wurde für Rinderherden die BVD-Impfung kommentarlos abgeschafft. Gleichzeitig wurde das Ohrstanzverfahren eingeführt. Durch die Ohrstanzprobe, die seither jeder Betrieb bei jedem neugeborenen Kalb durchführen muss, wird der BVD-Status festgelegt. Positive Tiere müssen geschlachtet werden.

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recognize cattle Major Histocompatibility Complex class I (MHC I)
Veterinary Research 2011, 42:97 doi:10.1186/1297-9716-42-97

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Im Juli 2011 kündigte der amerikanische Pharmakonzern Pfizer im Handelsblatt an, er wolle sich von seiner Tiergesundheits-Sparte trennen. 2012 hat Pfizer den Sektor Tiergesundheit ausgegliedert und an die Tochterfirma Zoetis übergeben.
Betroffene Betriebe konnten ihre Schäden noch bis Ende des Jahres 2013 beim Pharmahersteller Zoetis geltend machen, um einer möglichen Verjährung der Schadensersatzansprüche vorzubeugen.
Der geschätzte Schaden liegt etwa bei 2.000 €/Kalb. Die genauen Kosten der Spätschäden in den nächsten Rinder-Generationen sind ebenso wie die Kosten der mit Sicherheit aufwändigen kostenintensiven 2-jährigen Forschungsarbeit der Justus-Liebig-Universität Gießen nur schwer abschätzbar.
Das Herstellungsverfahren und die Inhaltsstoffe bei Impfstoffen haben sich nicht wesentlich verändert – das gilt für um Human- wie auch für Tierimpfstoffe.

Tierheilpraxis Gnadl/Lamminger
www.nutztierhomoeopathie.de

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Fußnoten

(1) BVD Bovine Virusdiarrhöe (BVD) (anzeigepflichtig). Diese Viruserkrankung führt zu Pneumonie und Durchfall. Die
Prognose ist in der Regel schlecht. Der Erreger kommt aus der Gruppe der Pestviren (Togavirus – Rhabdovirus) und tritt je
nach Region und Klimazone in der einen oder anderen Form in Erscheinung – so z. B. als Schweinepest oder Röteln beim
Menschen. Die Übertragung erfolgt direkt durch Kontakt, Tröpfcheninfektion, Belecken oder durch den Deckakt, aber auch
indirekt über Geräte, Futter oder Trinkwasser.

(3) FLI (Friedrich-Loeffler-Institut) Als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit widmet sich das FLI der Gesundheit
lebensmittelliefernder Tiere.

(4) Fabian Deutskens, Benjamin Lamp, Christiane M Riedel, Eveline Wentz, Günter Lochnit, Klaus Doll, Heinz-
Jürgen Thiel, Till Rümenapf Vaccine-induced antibodies linked to Bovine Neonatal Pancytopenia (BNP)

 

 

2021-07-01T09:35:47+00:00